MoinMoin!
Wenn ich mir die heutigen Nachrichten zum Thema "Mehrwertsteuererhöhung für Fleisch" anhöre, dann wird mir wirklich schlecht. Die unqualifizierten Statements und Diskussionen von Akteuren aus den Bereichen Journalismus, Politik und auch der Agrarlobby treiben selbst dem Hartgesottenen die Tränen in die Augen. Man kann nur hoffen, dass das Gerede des heutigen Tages in Bälde vergessen wird und niemand mehr danach fragt.
1. Ich erwarte von einem Politiker, dass er weiß, dass Steuern zunächst einmal nicht zweckgebunden sein dürfen. Ich erwarte auch, dass er dies in der Diskussion sauber trennt. Schließlich sollen und müssen Politiker sauber und ordentlich arbeiten. Vielleicht kommt man mit "Gebühren" oder "Beiträgen" weiter, aber das wäre zu kompliziert und deshalb kaum für populistische Ansätze.
2. Von Journalisten erwarte ... ich sage mal lieber "erhoffte" ... ich, dass diese in der Lage sind, schiefe Aussagen von Politikern gerade zu rücken. Leider erfolgte dies nicht bei denjenigen Sendern, die ich heute gehört habe. Damit wurden dort journalistische Aufgaben, die für mich zum Tätigkeitsfeld des Journalisten gehören, nicht erfüllt. Sehr übel für die "Vierte Gewalt im Staate".
3. Es kommt vielen Politikern nicht ungelegen, wenn Steuern erhöht werden. Dann können neue Projekte und neue Aufgaben definiert werden, die von der Politik verfolgt werden können. Letztlich erinnert mich diese Strategie an ein Arbeitsbeschaffungsproblem für die Öffentliche Hand, das brauchen wir hoffentlich nicht.
4. Ich glaube, der Ansatz hätte in der politischen Welt für mehr Kritik gesorgt, wenn man den Mehrwertsteuersatz für alle übrigen Nahrungsmittel gesenkt und lediglich den für Fleisch auf seinen aktuellen Niveau belassen hätte. Fleisch würde in derselben Weise diskriminiert werden, die Öffentlichen Kassen verlören aber eine ganze Reihe von Einnahmen. Das wird gerade von Vertretern von Parteien, die meinen, der Staat könne alles besser als seine Bürger, gefürchtet.
5. Deutschland ist Mitglied in der EU und auf den Weltmärkten aktiv. Wir erleben gerade im Bereich der Ferkelproduktion, was nationale Alleingänge bewirken. Erschwerte Produktionsbedingungen werden dafür sorgen, dass hiesige Landwirte die Produktion einstellen und Landwirte in den Nachbarländern die Produktion erhöhen. Dem Klima wäre also nicht geholfen ... und die Tiere würden in Ställen in anderen Ländern gehalten, zu vermutlich übleren Haltungsbedingungen als hier.
6. Vielleicht macht es sogar Sinn, die globale Produktion von Fleisch zu verringern. Ich kann das nur schwer beurteilen, aber man sollte sich auch von berufsständischer Seite damit beschäftigen, wie man mir Vorwürfen dieser Art richtig umgeht. Krüskens Pressetext war mir da recht schwach und irgendwie auch nicht besonders sympathisch (das kann er besser!). Wenn ich "König" wäre, dann würde ich durchaus in Frage stellen, ob unsere Art der Produktion in Ordnung ist. Ich hätte dann schon Gutachten in der Schreibtischschublade, in denen Ideen dieser Art aufgegriffen werden. Landwirtschaft muss da viel weiter vorne sein, muss Konzepte präsentieren können und Antworten auf Kritik und Fragen bieten, die noch gar nicht richtig gestellt wurden.
7. Es geht in der gesamten Diskussion so sehr um Emotionen, Profilierung und Skandalisierung, dass Fakten bzw. zumindest eine sachgerichtete und ergebnisorientierte Auseinandersetzung mit dem Thema (und vielen anderen Themen) kaum noch möglich ist. Das ist sehr traurig!
8. Ich denke, dass wir in den kommenden Jahren an vielen Herausforderungen arbeiten müssen. Es erfordert viel harte Arbeit und fachliche Denke, um zu echten Lösungen zu kommen, zu Lösungen, die tragfähig sind und die auch eingebunden sein werden in die übrigen Sachzwänge - ohne zu große Brüche.
Na, schauen wir mal, wie es weitergeht. "Zum Glück" ist Landwirtschaft nicht der einzige Boxsack, der immer mal wieder Dresche bekommt.
Uwe
(cattle) ... jetzt erstmal einen Kaffee ...